Das Lernen an außerschulischen Lernorten zeichnet sich zuallererst einmal dadurch aus, den Klassenraum und formellen Lernort Schule zu verlassen. Nicht zwangsläufig verlässt man damit auch die Logik des schulischen Lernens, auch wenn hierdurch viele Potenziale entstehen können.

Die Lernorte, die im Rahmen des Projekts „Urbane Monster einer imperialen Lebensweise“ besucht oder gemeinsam mit Schüler*innen entwickelt werden, können in die Gruppe der „sekundären Lernorte“ eingeordnet werden: Es handelt sich um Orte, die vor allem außerpädagogischen Zwecken dienen, uns in anderen, alltäglichen Kontexten begegnen und erst durch eine didaktische Aufbereitung (beispielsweise durch politische Bildner*innen, aber auch durch die Schüler*innen selbst) „als Gegenstand des Lernens [...] pädagogisch geweckt und in ein Thema verwandelt werden“ (Ciupke 2006: 102). Es bedarf dementsprechend „zunächst eines eigens kreierten didaktischen Settings, um den Ort zum Lernort zu machen“ (Baar/Schönknecht 2018: 16).

Schüler*innen können durch diesen Fokus auf sekundäre Lernorte praktisch erfahren, dass politisches Lernen nicht nur in der Schule oder an anderen, explizit dafür eingerichteten Lernorten möglich ist. Damit verbunden ist die Entdeckung, dass „die Politik“ als Gegenstand des politischen Lernens nicht nur in Rathäusern, Parlamenten und Nachrichten stattfindet und zu verorten ist. Sie nicht nur ein Tätigkeitsfeld von Politiker*innen, vielmehr finden sich verschiedene Aspekte in ihrem alltäglichen Leben wieder und betreffen diesen Alltag auch unmittelbar. Ein Lernziel des Projekts besteht daher auch darin, mit Schüler*innen ein erweitertes Verständnis des Politischen zu entwickeln und aufzuzeigen, dass sich Politik eben nicht „auf einem anderen, interessanten Planeten statt[findet] – für viele sogar in einem anderen Sonnensystem” ((Calmbach and Borgstedt 2012, page 77)), sondern auch im eigenen Nahbereich, vor der eigenen Haustür.

Bereits 2012 unterstreichen die Jugendforscher*innen Calmbach/Borgstedt mit Begriff des „unsichtbaren Politikprogramm“, dass man bei bildungsbenachteiligten Jugendlichen nicht von einer generellen Politikferne ausgehen könne. Vielmehr erarbeiten die Autor*innen– und darauf weisen auch die Ergebnisse der jüngsten Sinus-Milieu-Studie „Wie ticken Jugendliche 2020“ ((Calmbach et al. 2020)) hin –, dass das Interesse und der Wille zur Teilhabe am politischen Diskurs vorhanden ist, ein zu eng gestecktes Verständnis des Politischen aber den Zugang zum Politischen verhindere (((Calmbach and Borgstedt 2012, page 77)). Als anschlussfähig für diese spezielle Zielgruppe erweisen sich Themen, die einen Bezug zu den Lebensverhältnissen der jungen Menschen zuließen (auch (Erben et al. 2013)). In diesem Zusammenhang kommt außerschulischen Lernorten in der Stadt ein  besonders hoher Stellenwert zu:

„Die Erschließung politischer Themen und deren Bedeutungszuschreibung an das eigene Leben erfolgt fast ausschließlich über unmittelbar konkret-materielle bzw. sozialräumliche Erfahrung und nicht über das Symbolische, Pbergeordnete oder in Form von Transferleistung.” ((Calmbach and Borgstedt 2012, page 78))

Alltags- und Lebensweltbezüge können in zweierlei Hinsicht interessant für das politische Lernen vor Ort sein. Zum einen erfüllen lebensweltnahe Orte eine adaptive Funktion: es werden außerschulische Lernorte besucht, die die Teilnehmer*innen bereits aus ihrem Alltag kennen und die für sie subjektiv bedeutsam sind: Passagen, Einkaufsläden, öffentliche Plätze und Aufenthaltsorte bieten in einem „vertraute[n] Rahmen gute Anknüpfungspunkte“, können durch eine politische Perspektive neu erschlossen werden und „den Transfer des Gelernten in die Lebenswelt“ erleichtern (Balzter et al. 2014: 188). Die eigene, bekannte Umgebung kann neu gelesen werden.

Zum anderen werden Lernorte durch die „lebensweltliche Distanz“ begründet, an denen „vor allem neue Erfahrungs- und Lernräume für Jugendliche“ eröffnet werden können (ebd.): Die Gestaltungs- und Partizipationsräume der lernenden Subjekte sollen erweitert, „Grenzen müssen überschritten und Barrieren beseitigt werden, um zu einer inklusiven Gesellschaft zu gelangen.“ (Baar/Schönknecht 2018: 37) Durch den Besuch unbekannter Orte und das Kennenlernen ferner Lebenswelten werden Perspektivwechsel möglich, die Empathie und Verständnis fördern. Politische Lernorte werden hier durch ihre kompensatorische Funktion begründe: Politische Lernorte zeigen Perspektiven jenseits der eigenen (bspw. familiäre geprägten) politischen Sozialisation auf. Sie können Teilnehmer*innen dazu einladen, Möglichkeiten des eigenen politischen Handelns vor Ort aufzuzeigen und jene Schnittstellen sichtbar machen, an denen sich Jugendliche mit ihren Interessen in gesellschaftliche Debatten einmischen, Stadt und öffentlichen Raum mitgestalten können.