OrdnungImmobilien-monster |
FamilieWohnmonster |
Gattung & Artvacans domus |
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Wir sind umgeben von Immobilien, von großen oder kleinen Gebäuden, genutzt als Wohnfläche oder für Gewerbezwecke. Der Großteil der Menschen nennt mindestens einen dieser Orte sein Zuhause, bewohnt manchmal nur ein Zimmer, zum Teil auch ein gesamtes Haus.
Doch manche dieser Gebäude bleiben unbewohnt. Oft- mals über Jahre oder Jahrzehnte hinweg steht ein eigentlich bewohnbares Haus leer, bis es langsam in sich zerfällt oder schließlich abgerissen wird – um Platz für neuen, modernen Wohnraum zu schaffen. Die Gründe für diesen Leerstand bleiben nicht selten unbekannt. In der öffentlichen Beachtung gehen die verwaisten Immobilien in der Masse der uns umgebenden Gebäuden unter. Und so wird auch das „Leerstandsmonster“ nur selten gesichtet.
Dieses Monster ist nur eines von vielen innerhalb der Familie der „Immobilienmonster“. Deutlich präsenter in der öffentlichen Wahrnehmung ist sein naher Verwandter, das „Wohnungsnot- monster“, das immer mal wieder durch die Presse wandert. Doch beide sind eng miteinander verbunden – je mehr Leer- standsmonster in einer Stadt leben, desto stärker verbreitet sich die Wohnungnot, aber wenn mehr Wohnungsnotmonster vorkommen, werden Immobilien wertvoller und die Leer- standsmonster vermehren sich weiter. Es gelingt nur mühsam diesen Teufelskreis zu durchbrechen.
∙ etwa 80 Exemplare, einige online gelistet unter leerstandsmelder.de/kassel
∙ Unbekannt oder kontaktscheu
∙ Besichtigungen von außen jederzeit möglich
Abb. 1: Leerstandsmonster besiedeln nicht nur Wohnraum, sondern kapern auch leerste- hende Verkaufsflächen und Ladenzeilen
Urbanisierung und Bevölkerungswachstum und das be- ständige Ziel der Modernisierung betreffen längst nicht mehr nur den globalen Norden. Sämtliche Monster vermehren und verändern sich weltweit und kennzeichnen dadurch den dau- erhaften Wandel unserer Welt. Ein klassisches gegenwärtiges Beispiel: die Immobilienmonster. Weltweit zieht es die Men- schen in die Städte und neue Metropolen erheben sich aus dem Boden. Wohnraum wird dringend benötigt und mit dem Bedarf steigen die Preise. Ein attraktiver Nährboden für Immo- bilienmonster.
Das Geschäft mit den Immobilienmonstern wirkt verlo- ckend. Ein Großteil von ihnen befindet sich mittlerweile im Besitz von Privateigentümer*innen. Nicht selten nennen diese zahlreiche Wohnmonster ihr Eigen, um ihre profitorientierten Ziele zu verfolgen. Steigende Mietpreise als Folge des knappen Wohnraums gehen auf Kosten der Wohnungssuchenden, die oft keine andere Wahl haben, sich als Glieder in die Kette des Immobiliengeschäft einzufügen.
Lassen sich keine Mieter*innen finden, die von den Miet- preismonstern verspeist werden können, werden Häuser durch Sanierungsrückstände unbewohnbar. Wenn das Leer- standsmonster nicht langsam in sich selbst zerfällt, wird es abgerissen und schafft Platz für modernen Wohnraum.
Das Baugewerbe wächst und kennzeichnet den Leerstand als ein Monster der imperialen Lebensweise, welches sich be- reits in weiten Teilen der Welt vermehrt.
ca. 15m*12m*12m
16 Wohnungen
Deutschlandweit etwa 2 Millionen Wohnungen
→ Nur ungefähre Schätzung möglich
→ Neben leerstehenden Wohn-gebäuden existieren auch zahlreiche ungenutzte Gewerbeimmobilien
Fressfeinde:
Landflucht und Abwanderung zeichnen sich insbesondere im Osten Deutschlands ab. Das Leerstandsmonster ist in diesen Gebieten deutlich verbreiteter als im Westen und scheint sich weiter zu vermehren. Das Paradoxe: Insbesondere in ländlichen Gebieten wird zunehmend neuer Wohnraum geschaffen.
Deutschlandweit lag 2018 der Anteil leer- stehender Wohnungen bei 8,2%.
Entwicklung und Fortschritt sind seit mehr als 100 Jahren durch das Erwachsen moderner Städte gekennzeichnet. Welt- weit spiegelt sich dies wider. Die Grundlage dafür bietet ein rie- siges, global agierendes Bauwirtschaftsmonster. In Deutsch- land bestimmt dieses Gewerbe bereits 5,6% der gesamten Bruttowertschöpfung (vgl. Abb. 2). Damit zählt es zu einem der wichtigsten Wirtschaftssektoren des Landes. Betrachtet man dabei die Entwicklung über die letzten zehn Jahre, lässt sich vermuten, dass das Baumonster auch künftig weiter wachsen wird und mit ihm vergrößert sich die gesamte Familie der Immobilienmonster in all ihren Arten.
Die meisten Investitionen des Baugewerbes fließen in den Bau von Straßen und Bahnverkehr oder in den Bau von Gebäu- den (vgl. Abb. 3). Dies wird auch im Hinblick auf die Vertreibung der Leerstandsmonster sichtbar. Abriss und Neubau scheinen oft die günstigere und schließlich lukrativere Alternative zu sein, verglichen mit umfangreichen Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten bereits lange Zeit leerstehender Gebäude.
Ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Bedarf an Wohn- raum,werden die Immobilienmonster durch Investitionen weiter gefüttert und ihre Vermehrung vorangetrieben.
Entwicklung und Fortschritt sind seit mehr als 100 Jahren durch das Erwachsen moderner Städte gekennzeichnet. Weltweit spiegelt sich dies wider. Die Grundlage dafür bietet ein riesiges, global agierendes Bauwirtschaftsmonster. In Deutschland bestimmt dieses Gewerbe bereits 5,6% der gesamten Bruttowertschöpfung (vgl. Abb. 2). Damit zählt es zu einem der wichtigsten Wirtschaftssektoren des Landes. Betrachtet man dabei die Entwicklung über die letzten zehn Jahre, lässt sich vermuten, dass das Baumonster auch künftig weiter wachsen wird und mit ihm vergrößert sich die gesamte Familie der Immobilienmonster in all ihren Arten.
Die meisten Investitionen des Baugewerbes fließen in den Bau von Straßen und Bahnverkehr oder in den Bau von Gebäuden (vgl. Abb. 3). Dies wird auch im Hinblick auf die Vertreibung der Leerstandsmonster sichtbar. Abriss und Neubau scheinen oft die günstigere und schließlich lukrativere Alternative zu sein, verglichen mit umfangreichen Sanierungs- und Moderni- sierungsarbeiten bereits lange Zeit leerstehender Gebäude.
Ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Bedarf an Wohn- raum,werden die Immobilienmonster durch Investitionen weiter gefüttert und ihre Vermehrung vorangetrieben.
Mehrere Millionen Tonnen Rohstoffe stecken in bereits gebauten Häuser. Weitere Millionen Tonnen an CO2 wurden beim Bau oder der Rohstoffherstellung und ihrem Transport ausgestoßen. Oftmals werden Rohstoffe weit über Deutschlands Landesgrenzen hinweg abgebaut und die dortige Biosphäre und Bevölkerung ausgebeutet.
Trotz Baubestand werden zahlreiche Immobilien dem Erdboden gleichgemacht, um Platz für neue Wohnmonster zu schaffen. Erneut werden Ressourcen benötigt und die Folgen für Umwelt und Natur in Kauf genommen. Was von den ehemaligen Monstern überbleibt, ist Abfall und Bauschutt – dieser findet nur selten den Weg in die Wiederverwertung.
Das Baugewerbe setzt auf Neubau statt Umbau. Die geltenden Richtlinien und Preise begünstigen diesen Zustand zunehmend und treiben die Entstehung weiterer Baumonster voran.
In vielen Regionen des Globalen Südens sind Rohstoff- knappheit einerseits und die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Abbau natürlicher Ressourcen andererseits die Folgen eines profitorientierten Umgangs mit Wohnraum im globalen Norden.
Rohstoffknappheit ist mittlerweile den meisten Personen ein Begriff. Jedoch wird dabei häufig insbesondere an seltene Erden, Gold oder Lithium gedacht. Dies sind klassische und seltene Ressourcen mit einem hohen Wert für die gesamte Welt, auch für Monster (z.B. das Handymonster SmartMon). Ein besonders begehrter Rohstoff ist darüber hinaus Sand. Und entgegen der allgemeinen Annahme existiert dieser nicht in unendlichen Mengen, sondern wird zu einer zunehmend knappen Ressource mit schwerwiegenden Konsequenzen - denn ein Monster kommt selten allein. Sandraub und Abbau ganzer Inseln kontrolliert durch eine “Sandmafia” sind die Folgen von Landgewinnung und Städtebau. Diese Umstände machen den meistgebrauchten Baustoff zu einer weiteren Ressource von Monstern, die die Wüsten leersaugen.
Um den Leerstandsmonstern die Stirn zu bieten, bedarf es in erster Linie politischer Unterstützung. Es müssen umfassende Richtlinien für den Umgang mit leerem Wohnraum geschaffen und dem spekulativen Immobilienmarkt Grenzen gesetzt werden. Es liegt auch an uns, diese Forderungen an die Politik heranzutragen und Druck auszuüben.
Jeder Einzelne kann zu Wandel und Veränderung beitragen, indem man aufmerksam und kritisch durch seine Umwelt geht und den imperialen Monstern selbstkritisch begegnet. Die eigene Situation zu reflektieren bedeutet auch, die eigenen Wohnansprüche zu hinterfragen und unseren Anteil an der Monsterwelt zu erkennen (siehe Info-Box „Wie viel Platz ist wirklich nötig?“).
Informiert euch über die Leerstandsmonster in eurer eigenen Lebensumfeld. Kennt ihr selbst einige dieser Monster? Dann meldet diese unter www.leerstandsmelder.de und verzeichnet sie auf einer Karte. Ziel dieser Plattform ist es, einen Überblick zu schaffen und Informationen auszutauschen, um diese für alle frei zugänglich zu machen. Auch Ideen für den Umgang mit solchen Immobilien können dort geäußert und diskutiert werden.
Man muss kein Teil der Immobilienwirtschaft sein, um auf Missstände aufmerksam zu machen und sich den Monstern zu stellen. Wir alle können unseren Teil zu einem guten Wohnen für alle beitragen!
Die durchschnittliche Wohnfläche pro Kopf lag 2019 in Deutschland bei etwa 47 Quadratmetern. Die durchschnittliche Wohnungsgröße liegt bei 118 Quadratmetern. Doch was ist überhaupt nötig? Allgemein wird davon ausgegangen, dass weniger die Größe der Wohnfläche eine Rolle spielt als die Möglichkeit von Privatsphäre. Ein eigener Raum mit knapp 14 Quadratmetern sei demnach also völlig ausreichend für eine Person.
Dort finden sich zahlreiche gemeldete Leerstände, sowie weitere Informationen dazu. Du kannst außerdem dir bekannte Leerstände hinzufügen und somit auf weiteren ungenutzten Wohnraum aufmerksam machen.
Wie bei allen Themen ist auch hier politische Teilnahme gefragt. Nur so können wir auch die Bereiche beeinflussen, die sonst außerhalb unseres Handlungsvermögens liegen.
Umweltbundesamt (Hg.) (2010): Nachhaltiges Bauen und Wohnen. Ein Bedürfnisfeld für die Zukunft gestalten. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/3952.pdf
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) (Hg.) (2017): Umgang mit Leerstand. Lokale Experten berichten aus der Praxis im Stadtumbau. https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/bauen/wohnen/stadtumbau-leerstand.pdf?__blob=publicationFile&v=5
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Hg.) (2011): Wohnungsleerstand. https://www.landatlas.de/wohnen/leerstand.html
Destatis. Statistisches Bundesamt (Hg.) (2020): Anteil unbewohnter Wohnungen nach Bundesländern. https://www.landatlas.de/wohnen/leerstand.html
Dieses Monster wurde im Sommersemester 2020 entdeckt und beschrieben durch die renomierten Monster-Forscher*in Ragna Heine, Studierende der Universität Kassel.
Konzept und Redaktion: Oliver Emde
Grafik, Layout und Satz: Gregor Müller