OrdnungEnergie-monster |
FamilieUngleichheits-monster |
Gattung & Artenergia iniustitian |
OrdnungEnergie-monster |
FamilieUngleichheits-monster |
Gattung & Artenergia iniustitian |
Ob in den Megastädten unserer Welt oder in abgelegenen Dörfern auf dem Land; ob in den USA oder in Afrika; ob im Globalen Norden oder im Globalen Süden – das Energieungerechtigkeitsmonster ist überall auf dem Planeten beheimatet und ernährt sich von Ungleichheit und Ungerechtigkeit.
Die Verbreitung des Monsters wird durch historisch gewachsene Verhältnisse zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden, durch strukturelle Ungleichheit und ein Reichtumsgefälle zwischen Industriestaaten und sog. „Entwicklungsländern“ stark begünstigt. Entscheidend sind dabei die Faktoren der Digitalisierung und Ausweitung der Industrie, welche auch häufig mit ausbeuterischen Praktiken und der Einflussnahme auf die Ressourcen schwacher Länder des globalen Südens einhergehen.
Über 200.000 Einwohner*innen in fast 110.000 Haushalten
Fütterung Montag bis Freitag von 9-16 Uhr
Das hungrige Energieungerechtigkeitsmonster ist die ungerechte Verteilung von Energie selbst, was an dem hell erleuchteten globalen Norden und dem weitestgehend dunklen globalen Süden deutlich wird.
Zu den großen Verstärkern des Monsters gehören durch einen enormen CO2-Ausstoß die EU, USA und China. Diese drei industriellen Blöcke sind für über 50% der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich (vgl. Ritchie/Roser 2019).
Für die Energieerzeugung des Globalen Nordens findet häufig eine Ausbeutung des Globalen Südens statt, um an die geeig- neten Ressourcen zu gelangen. Aber auch Bestrebungen im Globalen Süden (z. B. in China oder Indien) zeigen den Drang nach der Ausbreitung des Monsters.
Der geographisch polarisierte Energieverbrauch (siehe Abb.1) ist entscheidend für das Gesamtbild des Monsters und weist darauf hin, dass die Gräben zwischen den profitierenden und leidenden Regionen dieser Welt immer größer werden, da sich auch der Energieverbrauch zunehmend konzentriert.
Ein genaues Körpermaß ist schwer zu beziffern: Das Monster befindet sich stets im Wandel, wächst Tag für Tag und lässt sich nicht auf eine bestimmte Größe bemessen.
In global vernetzten Gesellschaften des Globalen Nordens, dessen Lebensweise auf bequemer Kommu- nikation und ständiger Produktion aufbaut wurde, stellen die Menschen als Verbraucher*innen, Produ- zent*innen und Digitalisierungsbefürworter*innen selbst die Existenz- grundlage des Monsters dar.
Etwa 6,6 Milliarden Menschen haben Zugang zu Strom. Die restlichen 15% (knapp 1,2 Milliarden Menschen) sind jedoch vom Zugang zu Elektrizität abgeschnitten.
Der Charakter des Energieungerechtigkeitsmonster spiegelt sich unter anderem im Energieverbrauch pro Kopf wider. Der Primärenergieverbrauch in der Europäischen Union lag im Jahr 2014 bei 3,14 Tonnen pro Person, auf dem afrikanischen Kontinent betrug dieser lediglich bei 0,37 Tonnen (vgl. BpB 2016). Der Energieverbrauch der EU ist damit fast 8 ½-mal größer als jener in Afrika. Diese Ungleichheit ist auch formgebend für die Gestalt des Monsters und seine Ausbreitung auf dem Globus (vgl. Abb. 1). Aufgrund der Bösartigkeit des Monsters können sich viele Menschen schlichtweg aber auch keinen Strom leisten. Insgesamt leben 1,2 Milliarden Menschen ohne Elektrizität (vgl. von Brackel 2015), rund die Hälfte der betroffenen Menschen leben auf dem afrikanischen Kontinent (vgl. Kamp 2018: 93). Keinen Zugriff auf Energie zu haben, ist demnach auch eine Folge des sich ausbreitenden Energieungerechtigkeitsmonsters. Eine Folge der Nichtverfügbarkeit ist die weltweite Suburbanisierung – dabei fliehen betroffene Menschen vor den Folgen des sich ausbreitenden Monsters. Oft leben Menschen dann in den deutlich ärmeren Vororten („Suburbs”) oder gar in riesigen Slums. Es ergeben sich monströs ungleiche Lebensverhältnisse, die häufig auch zu sozialen Spannungen führen.
Kohle ist in Deutschland mit 16,9% noch immer der größte konventionelle Ener- gieträger. Bei erneuerbaren Energien ist die Windkraft mit 24,2 Prozentpunkten der stärkste Energieträger im ersten Halbjahr 2020 (vgl. Statistisches Bundesamt 2020).
Das Energieungerechtigkeitsmonster ist zu einem großen Teil mitverantwortlich für Umweltschäden durch Produktions- stätten, Transportwege und Produktionsverhältnisse fossiler Energiequellen. Es profitiert aber auch von erneuerbaren Ener- gien und deren Technologien, mit denen ebenfalls soziale und ökologische Schäden und Missstände verbunden sind, z.B. beim Rohstoffabau für Solarmodule.
Gierig schielt das Monster auch auf die Entwicklung der Digi- talisierung – zum Beispiel im Bereich der (schulischen) Ausbil- dung und der Arbeitswelt –, die insbesondere im Globalen Norden an Bedeutung gewinnt. Millionen von Schüler*innen und Arbei- ter*innen aus dem Globalen Süden bleibt der Zugang zu eben dieser Digitalisierung verwehrt. Das Monster lechzt nach im- mer mehr Energie, dass durch die Industrie selbst, den Ver- kehrssektor und die zunehmenden SmartHome-Lösungen für Gebäude intensiviert wird. Nicht zuletzt der Konsum von Waren und Produkten durch Amazon und Co. beschleunigen den Weg in eine Welt mit immer mehr Datentransfer, riesigen Rechenzentren und einer unüberschaubaren Menge an Strom- verbrauch.
Durch einen Blick auf den Primärenergiemix des afrikanischen Kontinents nimmt das Energieungerechtigketismonster weiter Gestalt an: Hier ist die sog. Bioenergie am weitesten verbreitet – sie wird haupt- sächlich das Heizen und Kochen mit Rohstoffen wie Holz genutzt.
Regenerative Energien werden nicht gesondert erfasst, sie verstecken sich unter dem 1 % der „sonstigen Energieträger“. Davon machen ⅔ Wasser, etwa 13% erneuerbare Energien und 20% Atom- energie aus (vgl. Quitzow et al. 2016: 15-23). Demgegenüber nehmen erneuerbare Energien im Energiemix der EU einen prozentualen Anteil von 13,6% – hier im Jahr 2013 – ein (vgl. BpB 2019).
Das Energieungerechtigkeitsmonster macht sich solche Unterschiede zu Nutze und treibt das Missverhältnis weiter voran.
In der 2015 verabschiedeten Agenda 2030 werden die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen aufgeführt. Dem Energieungerechtigkeitsmonster wird ein eigenes SDG-Ziel gewidmet: Das siebte Ziel lautet “Gewährleistung des Zugangs zu erschwinglicher, zuverlässiger, nachhaltiger und moderner Energie für alle”. Die Substainable Development Goals (SDGs) sollen weltweit eine nachhaltige Entwicklung sicherstellen und politisch dazu motivieren, Monstern einer imperialen Lebensweise weltweit und gemeinsam zu bekämpfen.
Universität Kassel: Verbundprojekt GLOCALPOWER | www.uni-kassel.de
Zukunftsforum Energie & Klima | zufo-energie-klima.de
Klimagerechtigkeit Kassel (KligK) | klimagerechtigkeit-kassel.org/author/kligk
Overdeveloped | overdeveloped.eu
United Nations | un.org/sustainabledevelopment
Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) | de-ipcc.de
Bundeszentrale für politische Bildung [BpB] (2016): Energieverbrauch pro Kopf. bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/globalisierung/52758/verbrauch-pro-kopf
BpB (2019): Energiemix EU-28. Online: bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/europa/75138/energiemix-eu-28
Kamp, Mathias (2018): Der große Sprung zur grünen Energie? Die Zukunft der Stromversorgung in Afrika. Online: kas.de
Quitzow, Rainer; Röhrkasten, Sybille; Jacobs, David; Bayer, Benjamin; Waweru, El Mostafa Jamea, Yvonne; Matschoss, Patrick (2016): Die Zukunft der Energieversorgung in Afrika. Potenz zialabschätzung und Entwicklungsmöglichkeiten der erneuerbaren Energien. IASS Study, Online: doi.org/10.2312/iass.2016.005
Ritchie, Hanna u. Roser, Max (2019): CO₂ and Greenhouse Gas Emissions. Online: ourworldindata.org
Statistisches Bundesamt (2020): Stromerzeugung im April 2020 um 16,7 % im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Pressemitteilung Nr. 248 vom 2. Juli 2020. Online: destatis.de
United Nations (2015): Ensure access to affordable, reliable, sustainable and modern energy for all. Online: sdgs.un.org
von Brackel, Benjamin (2015): Energiearmut: Wenig Strom, wenig Chancen. Online: boell.de
Dieses Monster wurde im Sommersemester 2020 entdeckt und beschrieben durch die renomierten Monster-Forscher Marc Cramer und Sven Rader, Studierende der Universität Kassel.
Konzept und Redaktion: Oliver Emde
Grafik, Layout und Satz: Gregor Müller